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Headline Physikalisch-technische Grundlagen der Wärmeübertragung
Author(s) Dipl.-Ing. A. Gilles

 

Physikalisch-technische Grundlagen der Wärmeübertragung

Die Qualität eines maschinell gefertigten Glaserzeugnisses ist in entscheidendem Maße von der richtigen Formentemperatureinstellung abhängig. Geht eine Form zu heiß, beginnt das Glas an der Innenseite der Form zu kleben; geht die Form zu kalt, kann es zu einer ungleichmäßigen Wandverteilung und einer gehämmert aussehenden Artikeloberfläche kommen. Zur Einstellung der geeigneten Formentemperatur wird die Wärme, die durch die Berührung des heißen Glasposten mit der Innenwand entsteht, an der Außenwand durch das Kühlen mit Luft abgeführt. Bedingt durch die vielfältigen Produktionseinflüsse ist die exakte Abstimmung der Kühlparameter in der Praxis schwierig. Das gilt auch in besonderem Maße für korrigierende Einstellungen während der laufenden Fertigung, da sich das Ergebnis einer Änderungen erst später auswirkt. Durch die Bestimmung der Temperaturverhältnisse in der Form können Abweichungen von den Idealbedingungen aufgezeigt und korrigiert werden.

Physikalische und technische Grundlagen

Für die Vorgänge, die sich während der kurzen Glaszeit bei der Fertigung eines Hohl- oder Verpackungsglases in einer IS-Maschine (oder anderen Typs) ereignen, ist die Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten der Wärmeübertragung bzw. des Wärmeaustausches von großer Bedeutung. Die Wärmeübertragung ist ein Prozeß, der sowohl erwünscht als auch unerwünscht ist. So werden z.B. Schmelzwanne und Regenerativ- bzw. Rekuperativkammer isoliert, damit möglichst k(l)eine Wärmeverluste durch Wärme-ausbreitung entstehen. Andererseits soll an der Oberfläche einer Glasform ein maximaler Wärmeaustausch erreicht werden, um dem Glas die nötige Festigkeit zur Weiterverarbeitung zu verleihen. Die Wärmeübertragung umfaßt dabei alle Vorgänge, bei denen entweder Wärme innerhalb eines Körpers übertragen oder von einem Körper auf einen oder mehrere andere übergeführt wird.

Physikalisch gesehen kann Wärmenenergie durch Strahlung, Leitung oder Strömung (Konvektion) übertragen werden. Diese Vorgänge der Wärmeübertragung können einzeln oder gleichzeitig nebeneinander auftreten. Um Wärme zu übertragen, sind eine Oberfläche von bestimmter Größe, eine gewisse Zeit und vor allem ein Temperaturgefälle von einem Ort hoher Temperatur (Quelle) in Richtung einer niedrigeren Temperatur (Senke) erforderlich. Unter dem Einfluß dieses Temperaturgefälles entsteht ein Wärmestrom, und zwar um so stärker, je steiler dieses Gefälle ist.

Wärmeleitung

Der Wärmeaustausch durch Leitung ist nur in Festkörpern möglich. Dabei entstehen in jedem Körper, der kein einheitliches Temperaturniveau hat, molekulare Wärmetransporte in Richtung der Temperaturgefälle. Durch den Zusammenstoß der Moleküle werden die schnelleren Moleküle gebremst, während die langsameren beschleunigt werden. Dieser Vorgang dauert so lange an, bis ein Temperaturausgleich erfolgt ist.

Die Intensität eines solchen Wärmestroms M=Q/t (Einheit W) wird durch die Wärmemenge Q (Einheit J=Ws) angegeben, die eine Fläche A senkrecht zur Strömungsrichtung in der Zeit t durchströmt. Die lineare Wärmestromdichte ist proportional dem Temperaturgefälle. [W/m2 oder J/m2s]

Der Proportionalitätsfaktor l ist der Wärmeleitfähigkeitskoeffizient und wird in der Einheit W/mK angegeben. Man kann sich die Wärmeleitzahl als die Energie vorstellen, die je Zeiteinheit durch eine 1m² große Fläche einer 1m dicken homogenen Wand geleitet wird, wenn sich die Oberflächentemperaturen um 1K unterscheiden.

Die Wärmeleitzahl l wird empirisch durch Versuche bestimmt und ist u.a. abhängig von :

  1. der Temperatur (je höher T in der Gußform, desto niedriger l )
  2. von der Dichte (je höher r , desto höher l )
  3. vom strukturellen Aufbau des Körpers (je poröser das Material, desto schlechter l )
In der folgenden Tabelle sind einige Werte für l angegeben.

Stoff T [°C] ρ [kg/m³] λ [W/mK]
Glas 17 2400 - 2600 0.72
Glas 100 2590 0.75
Porzellan 95 2300 - 2500 1.03
Stahl (0.1% C) 100   52
Gußeisen (3% C) 20   58
Schamotte 200 1650 - 2100 0.58

Stationäre Wärmeleitung im Zylinder

Innerhalb der Wand eines zylindrischen Rohres aus homogenem Material mit dem Innendurchmesser di und dem Außendurchmesser da nimmt die Temperatur von Innen- zur Außenseite logarithmisch ab. Dabei ist der Wärmestrom M von innen nach außen linear. Dieser Wärmestrom entsteht durch die Wärmeabgabe des Tropfens an die Innenoberfläche der Form. Die Wärme wird dann an der Außenseite durch die Kühlluft abgeführt. Die Oberfläche der Form läßt sich entweder rechnerisch oder durch Planimetrie feststellen.

(l=Länge der Form, Ti=Innenwandtemperatur, Ta=Außenwandtemperatur).

Wärmeübergang

Geht die Wärme von einem festem Körper (Formenoberfläche) auf ein strömendes Medium über, spricht man vom Wärmeübergang. Die Wärmestromdichte des Wärmeübergangs ist [W/m²K].

Der Proportionalitätsfaktor a ist die Wärmeübergangszahl. Mit der Wärmeübergangszahl a wird der Wärmestrom bezeichnet, der bei einer Temperaturdifferenz Di=1K von einer Wand mit der Fläche 1 an eine Flüssigkeit oder ein Gas und umgekehrt übergeht. Die Einheit ist W/m²K. Die Wärmeübergangszahl kann dabei sehr unterschiedliche Werte annehmen und ist u.a. abhängig von Temperatur, Druck, Geschwindigkeit v (des Mediums), Wärmeleitzahl l, Dichte r, spezifische Wärmekapazität c, Viskosität h des Mediums sowie Gestalt und Oberfläche des Körpers (Kühlrippen).

Die Gleichung gibt die Wärmestromdichte unter Verwendung des Wärmeübergangskoeffizienten k an. Der Proportionalitätsfaktor k bezeichnet die Wärme Q, die in der Zeit t durch eine Fläche von 1m² übertragen wird, wenn sich die Temperatur um DT= 1K ändert. In diesen Faktor werden sowohl der Wärmeübergang a als auch die Wärmeleitung l einbezogen.

Wesentlichen Einfluß auf die Höhe des Wärmeübergangkoeffizienten k haben dabei der Strömungszustand und die Geschwindigkeit des strömenden Mediums. Die Strömung kann durch Druckdifferenzen (erzwungene Konvektion) oder Temperaturdifferenzen (freie Konvektion) entstehen. Die Strömungsteilchen können sich ferner bei niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten oder bei zähen Medien (ölhaltige Luft, wie sie im Falle der Arbeitsumgebung an der Maschine gegeben ist) parallel zur Wand bewegen (Laminarströmung) oder bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten zusätzliche Bewegungen quer zur Hauptströmungsrichtung ausführen (turbulente Strömung). Zudem sind die Stoffwerte des strömenden Mediums, insbesondere die Wärmeleitfähigkeit l, die spezifische Wärmekapazität, die Dichte r und die Zähigkeit h für den k-Faktor entscheidend.

Wärmeströmung (Konvektion)

Unter Konvektion versteht man den Wärmeaustausch innerhalb eines Gases, eines Dampfes oder einer Flüssigkeit. Man unterscheidet zwischen der erzwungenen und der freien Konvektion bzw. Wärmeströmung.

Bei der freien Konvektion wird die Strömung der Stoffteilchen nur durch den Unterschied der Dichte der betreffenden Stoffe hervorgerufen. Es handelt sich dabei um einen natürlichen Vorgang. Die freie Strömung bleibt so lange erhalten, bis der Wärmeübergang unterbunden wird. Bei der erzwungenen Konvektion hingegen wird der Strömungsvorgang durch das Anblasen mit Kühlluft hervorgerufen. Die Wärme kann dabei nur an die Formenwand übergehen, wenn sie quer zur eigentlichen Strömungsrichtung übertragen wird. Erfolgt die Strömung senkrecht, so weicht sie kurz vor den Auftreffen der Kühlluft ab und umströmt die Form entlang ihrer Oberfläche.

Die warmen Teilchen der strömenden Luft wandern dabei von der Wand, aus der sie Wärme aufgenommen haben, in die Mitte der Strömung, wo sie sich vermischen und abkühlen. Dadurch gelangen die kälteren Teilchen an die Wand. Je turbulenter die Strömung, d.h., je besser also die Wirbelbildung ist, um so besser ist die Wärmeübertragung.

Wärmeübergang durch Strahlung

Außer durch Konvektion kann Wärme auch durch Strahlung übertragen werden. Dazu ist kein materieller Träger nötig. Die Wärme- oder Temperaturstrahlung hängt neben der stofflichen Zusammensetzung des strahlenden Körpers nur von dessen Temperatur ab. Von der Oberfläche des Körpers werden dabei Wärmestrahlen in Form elektromagnetische Wellen emittiert. Sie breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit geradlinig aus und werden beim Auftreffen auf einen anderen Körper entweder reflektiert, in Wärme verwandelt (absorbiert) oder auch durchgelassen (Transmission). Die Wärmestrahlung umfaßt stets einen weiten Wellenlängenbereich. Während die als Licht sichtbaren elektromagnetischen Wellen eine Wellenlänge 370 bis 790nm haben, geht der Bereich der Wärmestrahlung bis etwa 800 mm.

Die Intensität dieser Wärmestrahlung ist dabei abhängig von der Wellenlängen. So haben z.B. die kurzen Wellen unterhalb des sichtbaren Bereichs (ultraviolett) nur eine kleine Intensität. Im sichtbaren Bereich dagegen steigt diese sehr an, besonders bei hohen Temperaturen. Der Hauptanteil der ausgestrahlten Energie liegt im allgemeinen bei Wellenlängen im IR-Bereich (0.8 bis 800 mm).

Über den gesamten Bereich nimmt die Wärmestrahlung mit der Temperatur des strahlenden Körpers in hohem Maße zu. Trifft Wärmestrahlung auf einen Körper, so wird ein Teil an der Oberfläche reflektiert. Dann verläßt der Strahl die "blanke" Oberfläche unter dem gleichen Winkel gegen die Flächennormale, unter dem er einfiel. ,,Diffus" wird der Strahl reflektiert, wenn die "matte" Oberfläche ihn in ein gleichmäßig über den Raum verteiltes Strahlenbündel verwandelt.

In allen Fällen ist die Summe aus Reflexion, Absorption und Transmission gleich 1.

  r + a + d = 1

hierin bedeuten: r = reflektierter Bruchteil (Reflexionsverhältnis), a = absorbierter Bruchteil (Absorptionsverhältnis), d = durchgelassener Bruchteil (Transmissionsverhältnis)

Schwarzer Körper

Man nennt einen Körper schwarz, wenn er alle auftreffenden Strahlen absorbiert, weiß, wenn er alle auftreffenden Strahlen reflektiert, grau, wenn er von allen Wellenlängen denselben Bruchteil absorbiert, und farbig, wenn er bei der Absorption bestimmte Wellenlängen bevorzugt. Eine Oberfläche heißt spiegelnd, wenn sie die auffallenden Strahlen unter demselben Winkel gegen die Flächennormale reflektiert, und matt, wenn sie diese zerstreut (diffus) nach allen Richtungen des Raumes zurückwirft.

Jeder Körper sendet eine entsprechend seiner Temperatur eigene Strahlung aus. Den überhaupt möglichen Höchstbetrag (schwarze Strahlung) liefert ein sog. schwarzer Körper. Jeder andere Körper emittiert weniger als der schwarze Körper. Das Verhältnis seiner Ausstrahlung zu der des schwarzen Körpers nennt man sein Emissionsverhältnis e, es ist nach dem Kirchhoffschen Gesetz gleich seinem Absorptionsverhältnis a.

Bei der Berechnung der Wärmeübertragung in der Technik ist vor allem die Gesamtstrahlung von Bedeutung, d.h. die über alle Wellenlängen integrierte Strahlung. Für die je Flächen- und Zeiteinheit ausgesandte Gesamtstrahlung des schwarzen Körpers gilt das Stefan-Boltzmann'sche Gesetz :

 Es = s T4

Diese Gleichung besagt, daß die abgestrahlte Leistung eines schwarzen Strahlers proportional der vierten Potenz seiner absoluten Temperatur ist. Der Proportionalitätsfaktor s wird als Stephan-Boltzmann-Konstante (s=5.67051*10-8 W/m2K4) bezeichnet. Den physikalischen Zusammenhang, wie sich die abgestrahlte Leistung einer Oberfläche über den einzelnen Wellenlängen verteilt und wie sie von der Temperatur abhängt, konnte zuerst Planck (1900) angeben. Abbildung 2.3 stellt das Plancksche Strahlungsgesetz für einen schwarzen Strahler mit verschiedenen Isothermen dar.

Man erkennt, daß mit wachsender Temperatur nicht nur die Absolutwerte der Energie stark zunehmen, sondern daß sich auch das Maximum der Strahlungsintensität J, immer mehr in den Bereich kleiner Wellenlängen, also auch in den sichtbaren Bereich verschiebt. Der sichtbare Wellenlängenbereich ist schraffierter dargestellt.

Aus Abbildung 2.3 geht weiterhin hervor, daß Oberflächen mit einer Temperatur <650°C praktisch keine Leistung im sichtbaren Bereich abstrahlen. Die Fläche unter einer Isothermen stellt die gesamte abgestrahlte Leistung einer Oberfläche bei der Temperatur T dar. Man sieht, daß der sichtbare Anteil auch bei Oberflächentemperaturen über 650°C nicht sehr groß ist. In dieser Abbildung (logarithmische Darstellung) ist noch eine Gerade eingetragen, die die Maxima der einzelnen Isothermen verbindet; man nennt sie die Wien'sche Verschiebungsgerade (Wien'sches Verschiebungsgesetz). Es gilt die Beziehung lmax T = b = 2.8978 mm K.

Mit dieser Gleichung ist möglich, auf einfache Weise das Maximum der Wellenlänge einer bestimmten Temperatur zu bestimmen. So hat z.B. flüssiger Stahl bei einer Temperatur von 2000K eine maximale Wellenlänge von 1.3 mm, also noch weit im IR-Bereich. Das der Mensch dennoch eine gelb/weiße Farbe erkennt, hängt mit der Empfindlichkeit des Auges zusammen. Es läßt sich also aus der subjektiven Farbwahrnehmung nicht immer auf die entsprechende Wellenlänge und damit auf die Temperatur eines Körpers schließen.